Montag, 20. März 2017

15.03.2017

Heute kommt ein Stück Zuhause. Mein kleiner Bruder. Klein ist eigentlich verkehrt, 18 und 1,90 werde ich zu 100% für die kleine Schwester gehalten. Er landet um 12:30. Es ist 12, ich sitze vor dem Brunnen auf dem Placa Catalunya. Um mich rum Touristen und Tauben. Ein Alptraum. Meine innere Zimtzicke bricht durch und ich maule vor mich hin. Zu eng, zu laut, zu stickig. Dauernd möchte mir jemand eine Selfie-stick oder einen Regenschirm verkaufen. Ich frage mich ob man in dieser Stadt jemals einen Regenschirm braucht. Vielleicht sind es aber auch Sonnenschirme. Kenn ich halt nicht als Norddeutsche. Es ist der 15.3, ich bin seit eineinhalb Monaten in Barcelona und benehme mich als wenn ich bereits seit Jahren hier wäre und ein klares Einwohner-rummoser-anrecht hätte. Hab ich nicht. Ich bin nur zur Stippvisite hier, auch Erasmus genannt. 5 Monate, Leben im Schnell durch lauf. Ich kenn nun meine Straße. Mein Kiosk Verkäufer schenkt mir jeden Tag ein kleines Kaugummi. Die Nachbarn grüßen mich. Ich spiele ein bisschen zuhause, zusammen mit den anderen Erasmus Studenten die mit mir hier eingefallen sind. Als Fleischgewordene Globalisierung schlendern wir durch die Stadt, gehen in Museen, in Cafés, sprechen englisch (obwohl wir alle doch gekommen sind um Spanisch zu lernen).

Carli ist da, wir gehen schnell einkaufen, bringen seinen Kram nachhause und rasen wieder los, meine neue Stadt erkunden. Stolz wie Oskar präsentiere ich alle meine Entdeckungen. Alles abseits vom nicht abreißenden Strom der Touristen. Wir schleichen durch Raval, die Schanze Barcelonas, verkleiden uns in Vintage Läden die auch Museen sein könnten, trinken „cafe con leche“ und klönen. Ich fühl mich heimelig. Worte sprudeln aus mir heraus, ganz ohne Rücksicht. Die braucht Familie nicht.


Abends treffen wir meine neuen Freunde auf ein Bier. Eigenartiges Gefühl. Welten Zusammenführung.  Alt und neu. Vertraut und aufregend. Carli plaudert fröhlich mit den anderen. Ich muss nicht vermitteln oder erklären. Die verstehen sich auch so wunderbar. Ich sitz, trinke Tee, gucke zu. Ich bin einfach ein bisschen. Mariama entdeckt auf meinem Kopf ein graues Haar. Mein erstes. Ich weiß noch nicht wie ich das finde. Ich mag grau, ich mag auch graue Haare. Aber mag ich graue Haare auch mit 23? Nach mehreren versuchen reißt Freddy es raus. Wir schleichen zurück in meine Wohnung. Meine Straße eine enge Gasse, Kopfsteinpflaster, keine 5 Menschen breit. kriechen in mein „Loch“. 9 Quadratmeter, keine Fenster, keine Deckenlampe. Wenn ich aufwache weiß ich nie ob es 4 Uhr Nachts oder 10 Uhr Morgens ist.